Vorstellung des europäischen CO2-Grenzausgleichssystem CBAM
Mit der Veröffentlichung der Durchführungsverordnung hinsichtlich der Berichtspflichten für die Zwecke des CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) während des Übergangszeitraums zwischen dem 31.10.2023 und 31.12.2025, schafft die EU-Kommission die Rahmenparameter der CBAM für die kommenden Jahre. Für importierende Unternehmen von CBAM betroffenen Produktkategorien sind die entsprechend Berichtspflichten erstmalig am 31.01.2024 zu erfüllen.
Vorangegangen war die Veröffentlichung der EU-Verordnung zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems vom 10. Mai 2023. (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R0956)
Was ist CBAM?
Die CBAM gilt als neues Schlüsselelement des „Fit for 55“-Pakets im Kontext des Europäischen Emissionshandelssystems. Mit Hilfe des CO2 Grenzausgleichssystems CBAM sollen ab 2026 EU-weit Abgaben auf diverse Güter erhoben werden, deren Produktion in EU-Drittstaaten CO2 Emissionen verursacht. Ziel des Systems ist es, Kostennachteile von Firmen auszugleichen, die in der EU einer CO2 Bepreisung unterliegen und im Vergleich zu Produzenten im EU-Ausland mit weniger strengen Klimaschutzauflagen konkurrieren müssen. Damit soll der „Carbon Leakage“ Problematik entgegengewirkt werden. Ziel ist eine Verminderung der Wettbewerbsverzerrung bei der Einfuhr von CO2 intensiven Erzeugnissen sowie eine eventuell resultierende Produktionsverlagerungen in Drittstaaten ohne oder mit niedrigerer CO2-Bepreisung.
Wer ist davon betroffen?
Direkt betroffen sind vom CBAM vorerst nur Importeure in der EU, welche Produkte gemäß Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aus dem EU Ausland beziehen. Darunter fallen folgende Produktarten:
- Zement,
- Eisen und Stahl,
- Aluminium,
- Düngemittel,
- Elektrizität und Wasserstoff
- sowie einige vor- und nachgelagerte (insb. Eisen- und Stahl) Produkte.
Bis zum Ende der Übergangsphase wird die EU Kommission den CBAM Erfolg evaluieren und entscheiden, ob der Anwendungsbereich auf weitere Produkte und Dienstleistungen (auch entlang der Wertschöpfungskette) ausgeweitet werden wird.
Welche Auswirkungen wird der CABM auf die kostenlose Zuteilung der EU-ETS Zertifikate haben?
CBAM wird weitreichende Auswirkungen auf die kostenlose Zuteilung der EU-ETS Zertifikate haben. Die schrittweise Einstellung der kostenlosen Zuteilung im Rahmen des EU-EHS erfolgt parallel zur schrittweisen Einführung des CBAM im Zeitraum 2026-2034. Das Grenzausgleichssystem soll als Mechanismus zur Vermeidung von „Carbon Leakage“ ab 2035 die kostenlose Zuteilung der EU-ETS Zertifikate vollständig ersetzen. Es gibt demgemäß einen engen Zusammenhang mit dem EU-ETS. Eine endgültige Einigung über die Reduktion der freien Zuteilung im Europäischen Emissionshandel gibt es aber noch nicht, da diese im Rahmen der kommenden EU-Zuteilungsverordnung sich noch in einer Konsultationsphase befindet. Kleinere, nicht im EU-ETS regulierte Hersteller der betroffenen Produkte in der EU haben durch CBAM eventuell zukünftig (vorübergehend) sogar einen Wettbewerbsvorteil.
Was kommt auf die Betroffenen zu?
Die von CBAM betroffenen Importeure benötigen ab 2026 eine Zulassung und müssen deshalb vor der Einfuhr von betroffenen Waren in das Zollgebiet der Union den Status eines zugelassenen CBAM-Anmelders beantragen (Verordnung (EU) 2023/956 Artikel 5). Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Zollanmeldung abgegeben wird, registriert die Importeure im CBAM-Register. CBAM-Anmelder müssen ab 2026 jährlich eine CBAM-Erklärung abgeben.
Lieferungen unter 150 Euro sind vom Mechanismus nicht betroffen, da sie unter dem beschlossenen Mindestschwellenwert liegen.
Welche Pflichten kommen auf die Unternehmen zu und wann ist das der Fall?
Übergangsphase ab 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025
In einer Übergangsphase gilt ab dem 1. Oktober 2023 für die oben angeführten (CO2 intensiven) Grundstoffe eine Meldepflicht für die Importeure, ohne dass eine finanzielle Abgabe geleistet werden muss. Meldepflichtig sind neben dem Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) auch die Treibhausgase Distickstoffoxid (N2O) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (KFWs).
Nach der CBAM-Verordnung hat jeder Importeur der Kommission für das jeweilige Quartal spätestens einen Monat nach Quartalsende einen Bericht (also zum ersten Mal am 31. Januar 2024) über die im Vorquartal eingeführten Waren mit folgenden Informationen zu übermitteln:
- Gesamtmenge jeder Warenart in Megawattstunden bei Strom und in Tonnen bei anderen Waren, aufgeschlüsselt nach den Anlagen, die die Waren im Ursprungsland herstellen;
- tatsächliche gesamte „graue Emissionen“ (direkte Emissionen, die bei der Warenherstellung freigesetzt werden, und indirekte Emissionen aus der Erzeugung von während der Warenherstellung verbrauchtem Strom) in Tonnen CO2-Emissionen pro Megawattstunde Strom oder, bei anderen Waren, in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne jeder Warenart;
- gesamte indirekte Emissionen im Einklang mit dem in einem Durchführungsrechtsakt beschriebenen Verfahren.
- Bei Nutzung eines durch den Produktproduzenten vorgegebenen Emissionsfaktors ist gemäß Durchführungsverordnung eine vollständige Aufschlüsselung der Herleitung des Emissionsfaktors anzugeben.
- Importierende Unternehmen sind dazu aufgeforderte den Preismechanismus des Emissionshandelssystems anhand der in Artikel 7 der Durchführungsverordnung xy zu beschreiben, welches im Erzeugerland geltend ist. Dies unterliegt der Annahme, dass ein entsprechendes CO2-Bepreisungssystem vorhanden ist.
Die genaue Struktur des zu erstellenden Berichts kann dem Anhang der Durchführungsverordnung XY entnommen worden.
Die Durchführungsverordnung über die Berichterstattungspflichten und -methodik sieht eine gewisse Flexibilität bei den Werten vor, die zur Berechnung der eingebetteten Emissionen bei Einfuhren während der Übergangsphase verwendet werden. Zunächst haben die Unternehmen die Wahl der Berichterstattung auf drei Arten: a) vollständige Berichterstattung nach der neuen Methodik (EU-Methode); b) die Berichterstattung auf der Grundlage gleichwertiger Drittstaatssysteme; und c) Berichterstattung auf der Grundlage von Referenzwerten. Ab dem 1. Januar 2025 wird nur die EU-Methode akzeptiert. (https://taxation-customs.ec.europa.eu/carbon-border-adjustment-mechanism_de?etrans=de)
Implementierungsphase ab 2026
Ab 2026 wird mit dem „Scharfstellen“ des Mechanismus eine Abgabe auf direkte (unmittelbar während des Herstellungsprozess freigesetzt) und indirekte Emissionen der vom CBAM erfassten Importgüter fällig. CBAM-Anmelder müssen nun jährlich eine CBAM-Erklärung abgeben. Jeder zugelassene CBAM-Anmelder nutzt das CBAM-Register, um bis zum 31. Mai jeden Jahres (und zum ersten Mal im Jahr 2027 für das Jahr 2026) eine CBAM Erklärung für das vorangegangene Kalenderjahr vorzulegen.
Welche Angaben muss die CBAM Erklärung enthalten?
- die Gesamtmenge jeder im vorausgehenden Kalenderjahr eingeführten Warenart in Megawattstunden bei Strom und in Tonnen bei anderen Waren;
- die gesamten grauen Emissionen dieser Waren in Tonnen CO2-Emissionen pro Megawattstunde Strom oder, bei anderen Waren, in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne jeder Warenart.
- die Gesamtzahl der den grauen Gesamtemissionen entsprechenden CBAM-Zertifikate, die abgegeben werden müssen, nach Minderung aufgrund des in einem Ursprungsland gezahlten CO2-Preises und nach der erforderlichen Anpassung, die dem Umfang, in dem EU-ETS-Zertifikate kostenlos zugeteilt werden, entspricht.
Ermittelt werden die grauen Emissionen der Importgüter nach festgelegten Verfahren gemäß Anhang 4 der CBAM-Verordnung. Dabei sind direkte und indirekte Emissionen zu bilanzieren. Die Grundlage zur Berechnung der Emissionsfaktoren müssen den EU-Importeuren von den Herstellern außerhalb der EU mitgeteilt werden.
Die Importeure erwerben die entsprechende Anzahl von CBAM-Zertifikaten, um die eingebetteten direkten und indirekten Emissionen abzudecken. Zum Stichtag der CBAM Erklärung muss die entsprechende Anzahl von CBAM-Zertifikaten abgegeben werden. Der zugelassene CBAM-Anmelder sorgt des Weiteren dafür, dass die in der vorgelegten CBAM-Erklärung angegebenen gesamten grauen Emissionen von einer akkreditierten Prüfstelle (Zuständigkeit noch nicht geklärt) geprüft werden.
Wie hoch wird die CBAM-Abgabe sein?
Die Höhe der CBAM-Abgabe ergibt sich aus der Emissionsintensität des betroffenen Produktes und dem durchschnittlichen EU-ETS Preis. Letzterer wird mit der Anzahl an abzugebenden CBAM-Zertifikaten multipliziert, wobei ein CBAM-Zertifikat einer Tonne ausgestoßener Emissionen an Kohlenstoffdioxid, Distickstoffmonoxid oder perfluorierten Kohlenwasserstoffe durch den Herstellungsprozess der importierten Güter entspricht. Somit orientiert sich der Preis der CBAM-Abgaben am EU-ETS Markt, besitzt jedoch im Unterschied zu jenem keine Deckelung (Cap) (Obergrenze der Zertifikate). Es handelt sich somit quasi um ein fiktives ETS, bei dem die Importe nicht mit der heimischen Produktion um die gleiche begrenzte Menge an Zertifikaten konkurrieren. Es stellt sich auch die Frage, ob im Zuge der CBAM-Verordnung EU-Exporteure von im Vergleich zu EU-Drittstaaten höheren CO2 Abgaben entlastet werden, um deren Wettbewerbsnachteilen im Export stärker zu begegnen.
Was können Unternehmen tun um die Belastung zu reduzieren?
Direkt betroffene Importeure:
Für die Importeure wird die Treibhausgasintensität der Produkte nach Einführung der CBAM ein wichtiges Auswahlkriterium. Die Gesamtimportkosten werden geringer, je weniger Treibhausgasemissionen das zu importierende Produkt bei der Herstellung verursacht. Daher sollten CBAM betroffenen Importeure die Emissionsintensität ihrer Auslands-Lieferanten zukünftig verstärkt in ihre Bewertung mitaufnehmen.
Unter EU-ETS regulierte Unternehmen:
Handlungsinstrument ist die Dekarbonisierung der eigenen Produktion (Emissionsreduktion des Produktionsprozesses).
Kann ich meine Mehrkosten als Produzent weitergeben?
Laut Institut der Deutschen Wirtschaft ist die Überwälzbarkeit der CO2 Kosten abhängig von der jeweiligen Marktkonstellation. Eine Weitergabe der CO2-Kosten ist beispielsweise für standardisierte Produkte wie Langstahl und Baustähle (viele Anbieter) im internationalen Wettbewerb weitaus weniger wahrscheinlich als für hochqualitative Stahlprodukte (wenige Anbieter).
Zukünftig können europäische Grundstoffnachfrager durch CBAM nicht mehr auf Zulieferer aus Drittländern ohne CO2-Kosten zurückgreifen, was ihre Marktmacht als Nachfrager senkt. Europäische Grundstoffproduzenten, die in den EU-ETS einbezogen sind und infolgedessen CO2-Kosten zu tragen haben, werden durch CBAM und die Reduktion der freien Zertifikatszuteilung in ihrer Marktmacht gestärkt, da es beim Absatz in der EU kaum noch Konkurrenten ohne CO2-Kosten gibt. Die Mehrkosten dürften daher weitgehend weitergegeben werden können. Anders sieht die Situation allerdings beim Export in Drittstaaten aus. Hier sind die europäischen Produzenten weiterhin der Konkurrenz von Unternehmen mit geringen oder gar keinen CO2-Kosten ausgesetzt.
Gewinner und Verlierer
Europäische Unternehmen, die im EU-Inland mit einem geringen Anteil importierter Grundstoffe produzieren und gleichzeitig EU-ETS bedingte Kosten zu tragen haben, könnten (CBAM-bedingt) durch steigende Inlands- und Exportpreise profitieren und ihre Marktanteile im Vergleich zu anderen stärker vom CBAM betroffenen Konkurrenten erhöhen.
Die deutsche Exportwirtschaft könnte aber durch ihre hohe Abhängigkeit von importierten Grundstoffen durch die CBAM eine Mehrkostenbelastung erfahren und in wichtigen Exportmärkten mit einem niedrigem C02-Bepreisungsniveau (z.B. Indien, China) Wettbewerbsnachteile erleiden, sofern nicht an das CO2 Preisniveau des Ziellandes angeglichen wird.
Da der geplante Wegfall der kostenlosen Zuteilung von Emissionsrechten als Anreiz für Investitionen in emissionsarme Technologien in Punkto Wettbewerbsfähigkeit nicht ausreichen dürfte, stehen Förderinstrumente und -maßnahmen für (Sprung)innovationen (z.B. der CCfD), die im Rechtsrahmen des Carbon Leakage Schutzes vorgesehen sind, in der Diskussion. Sie sollen aus den CBAM-Einnahmen finanziert werden.
GALLEHR+PARTNER® kann Sie bei Bedarf gerne bei der Strukturierung Ihrer Daten und Bearbeitung der erforderlichen Berichtspflichten im Rahmen des Europäische CO₂-Grenzausgleichssystem unterstützen.
Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
GALLEHR+PARTNER® ist seit 2007 der erfahrene Lotse für die Wirtschaft auf dem Weg zur CO₂-Neutralität. Zu dem Kundenstamm von GALLEHR+PARTNER® gehört eine Vielzahl national und international renommierter Unternehmen. Diese berät und unterstützen wir teilweise bis zur vollständigen eigenverantwortlichen Übernahme relevanter Prozesse inkl. bei Fragen rund um die Antragstellung zur Strompreiskompensation der deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt).